Die Familie Lederwascher in Tamsweg

Copyright Original Dokument: Valentin Hatheyer (1904): Die Familie Lederwasch in Tamsweg. (2 Seiten unpaginiert)Mitt(h)eilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde44: 79 - 100.

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Vorbemerkung.

Als Quellen der nachfolgenden Arbeit wurden vorzüglich die Inventarien der Familie Lederwasch im Archiv der Gemeinde Tamsweg benützt. Aus diesen wurde der erste, größere Teil der Stammtafel zusammengestellt. Die meisten Inventarien führen aber zuerst alle Söhne und dann erst die Töchter nach ihrem Alter an. Diese Ordnung wurde in der Stammtafel beibehalten, soweit nicht andere Nachrichten über die genaue Altersabfolge vorhanden sind. Der letzte Teil der Stammtafel wurde aus den Taufmatrikeln der Pfarre Tamsweg hergestellt.
Aus dem Archive der Gemeinde Tamsweg wurden weiters die Notlbücher und Protokolle des Marktrichters und die Urbarien des Marktes benützt. Das Archiv der Pfarre Tamsweg bot ebenfalls verschiedene Nachrichten, besonders die Jahresrechnungen der Kirche S t. Leonhard über die Arbeiten der Maler namens Lederwasch.
Bezüglich der Angaben bei Pillwein, Benedikt, Salzburger Künstlerlexikon, Wastler, Steirisches Künstlerlexikon wurden teils die betreffenden Akten eingesehen, teils mündliche
oder schriftliche Erkundigungen eingeholt und die Nachrichten der genannten Verfasser ergänzt und berichtigt. Allen P. T. Herren, welche hierin gütigst Hilfe geleistet, sei hiermit der geziemende Dank ausgesprochen.
Hier sei auch bemerkt, daß es nicht die Absicht des Verfassers war, die Werke der Maler namens Lederwasch auf ihren Kunstwert zu prüfen, da er diesbezüglich nicht Fachmann ist und viele der erwähnten Gemälde gar nicht gesehen hat. Auch soll mit der Aufzählung der Werke nicht gesagt sein, daß ihre Schöpfer insgesamt Künstler gewesen. Werke von Kunstwert haben wohl nur Christof, Gregor IV. und Johann in Murau geschaffen.
Die Erwartung, daß man im Lungau vielleicht der Geschichte dieser Familie größeres Interesse entgegenbringe, mag es rechtfertigen, wenn auch Einzelheiten erwähnt
werden, welche nur für ortskundige Leser von Bedeutung sind.

Wer immer den Lungau durchwandert, um dort Land und Leute kennen zu lernen, der wird es nicht versäumen, von Tamsweg aus die nahe gelegene Kirche St. Leonhard zu besuchen. Schon der Rundblick von der Höhe wird ihm die Mühe des Aufstieges entlohnen, noch mehr aber der Anblick der herrlichen Kirche ihn befriedigen. Adolf Ritter von Steinhäuser widmet in seinen Vorträgen über Kirchenbau in Salzburg 1) dieser Kirche längere Aufmerksamkeit und mahnt schließlich: „Wer kann, lasse es sich nicht gereuen, sie selber anzuschauen, denn sie ist der vollendetste Musterbau (des gotischen Stiles) im Lande Salzburg, die Hauptstadt nicht ausgenommen“. Bereits früher hat ein hervorragender Kunstforscher, Johann Gradt, die genannte Kirche einer eingehenden Würdigung unterzogen 2). Auch Ignaz von Kürsinger 3) behandelt ausführlich dieses Gotteshaus und bringt manche interessante Nachricht aus der Geschichte desselben.
Nachfolgende Abhandlung führt uns auch in das nahe gelegene Mesnerhaus, das über 200 Jahre einer Familie Obdach bot, die es verdient, der Vergessenheit entrissen zu werden. Es ist dies die Maler- und Mesner-Familie Lederwasch.

Die älteste Nachricht über den Namen Lederwasch enthält das erste Bürgerbuch des Marktes Tamsweg. Dort findet sich zum Jahre 1572 die Eintragung: „Am Erchtag nach Liechtmeß wird Klement Lederwasch als Burger aufgenommen“ und erlegt als Taxe 1 fl. 1 ß. Seines Standes war er ein Leinweber und besaß zu Tamsweg an der Stelle des gegenwärtigen Gasthauses zur Muhrbrücke ein Haus, wofür er an das Marktgericht jährlich 12 dl. Hofstaatgeld zu entrichten hatte. Klement Lederwasch starb im Jahre 1617 und hinterließ drei Söhne namens Leonhard, Matthias und Philipp 4).

1) Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. 1883, S. 298 ff.
2) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale, 1874, S . 71— 82.
3) Lungau, S. 279 - 303.
4) Inventar des Matthias L. Archiv der Gemeinde Tamsweg.

Matthias, der uns als Stammhalter interessiert, erhielt im Jahre 1613 als Schuhmacher das Bürgerrecht zu Tamsweg. Er besaß eine „Behausungshofmarch mit Garten darunter zwischen der Herren von Khienburg Stadl und Garten und dem Mesnerhaus“. 1) Dort befindet sich heute das Haus des Schneidermeisters Josef Hicke, südlich von dem Hause der k. k. Forst- und Domänenverwaltung, welches Christof Freiherr von Kuenburg im Jahre 1571 von Hans Fraid erwarb. 2)
Das Inventar des Matthias Lederwasch vom Jahre 1643 weist ungünstige Vermögensverhältnisse aus ; sein ganzer Besitz wurde auf 143 ft. 12 kr. geschätzt, während sich seine Schulden auf 203 fl. 8 kr. beliefen. Unter anderem schuldete er „seinem Sohne Gregor, Maler, bar geliehenes Geld 8 ft.“ Als Erben werden seine Kinder genannt, nämlich: „Martin,
außer Landes bei 27 Jahre alt, Rosina 24, Paul 21, Gregor 13 und Bernhard 15 Jahre alt *
“. Paul übernahm das Anwesen des Vaters; aber weder von ihm noch von den andern Geschwistern außer Gregor finden sich erwähnenswerte Nachrichten. 3)

1) Urbar der Pfarre Tamsweg im Pfarraichiv.
2) Urkunde im k. f. Regierungsarchiv Salzburg. Archiv der Grafen von Kuenburg aus Tamsweg.
3) Ohne nachweisbare Beziehung zur genannten Familie erscheint in den Urbarien des Marktes

* Ausgehend von den Geburtsdaten der Kinder aus den Matrikeln des Marktes Tamsweg stimmen die Alter der Kinder nicht mit 1643 überein.
Maria Lederwasch *16.05.1611 (wahrscheinlich vor dem Vater verstorben)
Martin Lederwasch *01.11.1612
Rosina Lederwasch *14.10.1615
Paul Lederwasch *14.01.1619
Gregor I Lederwasch *13.03.1622
Bernhard Lederwasch *20.05.1626
Elisabeth Lederwasch * 11.05.1628 + 01.09.1629

Der Meister, von dem Gregor Lederwasch den ersten Unterricht erhielt, war der Maler Onuphrius Rosenhammer in Tamsweg. 1)
Im Jahre 1653 erwarb Gregor Lederwasch „durch redlichen Kauf von Wilhelm Zeutschacher ein Haus und einen Garten" zu Tamsweg, wofür er 18 dl. Hofstaatgeld zu entrichten hatte. 2)
Die Reihenfolge der Besitzer in den Urbarien führt uns auf ein hölzernes Haus am rechten User des Leisnizbaches, der durch den Markt Tamsweg fließt. Das Haus führt gegenwärtig den Namen Brandgeusche.
Doch nicht lange hat Gregor Lederwasch dieses Haus bewohnt, denn im Jahre 1665 wird er in der Jahresrechnung der Kirche St. Leonhard zum erstenmale als Mesner daselbst genannt. 3)  Als solchem waren ihm für Besorgung des Küchendienstes die der Kirche gehörigen und um dieselbe gelegenen Grundstücke zur Bewirtschaftung überlassen; durch das
Pfleggericht Moosham wurde ihm 1670 der Branntweinschank bewilligt.
Das Haus im Markte Tamsweg blieb aber noch in seinem Besitze sowie auch zwei kleine Grundstücke in der Umgebung.

Gregor I.4) war dreimal vermählt. Aus der ersten Ehe mit Anna Seitlingerin, am 17. Jänner 1648 geschlossen, werden im Inventare aus dem Jahre 1605 als Erben genannt:
1. Herr Christof Lederwasch, hochfürstlicher Kammerdiener und Hofmaler in Salzburg.
2. Johann Chrysostomus, Maler zu Schwandorfs?) in Oberösterreich.
3. Barbara, ledig, in Dienst in Mühlbach.
4. Maria, "auch unverheiraten Wandels und unwissend, allwo sich aufhaltend".

Aus der zweiten Ehe, am 3. Februar 1662 mit Salome Zeinerin eingegangen, überlebten ihn folgende Kinder:
5. Leonhard, unbekannten Aufenthaltes.
6. Matthias, Maler in München.
7. Gregor II., angehender Maler und Mesner in S t. Leonhard.
8. Sebastian
9. Susanna,
10. Salome,
11. Veronika,
12. Elisabeth und
13. Maria,
minderjährig.
Die dritte Ehe mit Barbara Anixlederin blieb kinderlos.

über den Besitzstand gibt uns das Inventarium mit folgende »Angaben Aufschluß. „Aufliegendes": Das hölzerne Haus, ein Kasten (kleines Gebäude mit Vorratskammern), Garten, Badstube und Stallung im Markte Tamsweg 260 fl. Zwei kleine Grundstücke 90 fl. „Lebendige Fahrnis (bei S t. Leonhard): Ein Hengstpferd, so aber dessen Alter und Schlechtheit halber nicht geschätzt worden. 4 Melchkühe, ä pr 9 fl. 2 Hennen 1 ß 18 dl. I Hahn bleibt gewohnheitsgemäß ungeschützt." Aus der Werkslütte werden die Malrequisiten erwähnt als „etliche Gstadtel (Schachteln) mit unterschiedlichen Farben 2 fl., 35 Borstenpinsel 3 ß 6 dl., 2 Malerpaletten 1 ß 10 dl., 1 Oelflasche aus Blech 24 dl.". Der gesamte Besitz wurde auf 624 fl. 2 ß 2 dl geschätzt, die Schulden beliefen sich aber aus 3 50 fl. 2 ß 18 dl.
Uber seine Leistungen als Maler geben die Jahresrechnungen der Kirche St- Leonhard einige Auskunft. S o war Gregor Lederwasch an der Fassung des Hochaltares, der in den Jahren 1659— 1661 ausgestellt wurde, neben dem Maler Georg Heim aus Gastein beteiligt. Im Jahre 1667 bezogen der Tischler Jakob Seitlinger von Tamsweg und Gregor Lederwasch „für Machung des Lorenzenaltares vermöge Verdungnis 107 fl. 48 kr." und 17<5 erhielt Gregor Lederwasch für seinen verdingten Bruderschaftsaltar in S t. Leonhard 350 fl. D as Bild dieses Altares stellt die Anbetung des allerheiligsten Sakramentes des Altares durch Mitglieder der sogenannten Frohnleichnams- und S t. Leonhardsbruderschaft dar. Im Jahre 1684 erhielt Gregor Lederwasch für Fassung des neuen Gnaden altareg in S t. Leonhard 74 fl., 1686 für Fassen und Malen eines Oratoriums (?) 75 fl. Außerdem werden in den Rechnungen noch öfters an Lederwasch entrichtete Beträge für kleinere Arbeiten ausgewiesen.
Am 11. Jänner 1696 wurde zu Tamsweg von den Erben ein Vertrag abgeschlossen, wobei Gregor, Johann Chrysostomus und Christof selbst zugegen, Matthias, Maler in München, und die übrigen Geschwister, teils abwesend, teils noch minderjährig, durch Bürger von Tamsweg vertreten waren. Gregor II., der bereits den Mesnerdienst bei S t. Leonhard angetreten hatte, übernahm die Verlassenschaft im Mesnerhause und die Grundstücke bei Tamsweg, während Johann Chrysostomus das Haus in Tamsweg erhielt. Dafür hatten beide zusammen die Schulden zu tilgen und die übrigen Geschwister sowie die Witwe zu entschädigen.

 

1) Seelenbuch der Pfarre Tamsweg von 1637.
2) Urbar des Marktes Tamsweg von 1644.
3) Kürsinger, Lungau S. 283, erwähnt bereits 1635 einen Lederwasch als Mesner und Organisten von St. Leonhard ; wohl mit Unrecht; denn das dort erwähnte Gesuch trägt die Unterschrift: "Georg Moosmüller, Organist". K. k. Regierungsarchiv Salzburg. Pfleggericht Moosham, IV, 33.
4) Der Kürze wegen möge diese Bezeichnung gestattet sein.